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Foto: Redpixel/AdobeStock

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Markenkommunikation

"Marken als Radar für gesellschaftliche Themen"

Die Markenkommunikation geht längst über die bloße Präsentation von Produkten und Dienstleistungen hinaus. Insbesondere im Kontext gesellschaftlich relevanter Themen gewinnt sie an Bedeutung, da Verbraucher zunehmend nach Marken suchen, die nicht nur funktionale Vorteile bieten, sondern auch eine klare Haltung zu sozialen, ökologischen und ethischen Fragestellungen einnehmen. Dazu gehören auch Themen wie Diversität und Inklusion.

Welche Rolle diese beiden Themen bei der Gestaltung und der Kommunikation für die Identität einer Marke spielen, besprach 'Healthcare Marketing' im Interview mit Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Esch The Brand Consultants in Saarlouis. Er arbeitet für Familienunternehmen, Hidden Champions und DAX-Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen. Von 1993 bis 2020 wirkte Esch als Universitätsprofessor an diversen Universitäten in Deutschland etwa EBS Business School, Justus-Liebig-Universität Gießen, Universität des Saarlandes, Universität Trier sowie in Österreich an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und der Schweiz für die Universität St. Gallen. Insgesamt zwölf Jahre engagierte Esch sich als Vize-Präsident des Deutschen Marketingverbandes.

 

Healthcare Marketing: Wie können Marken Diversität und Inklusion erfolgreich in ihre Kommunikationsstrategien integrieren?

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch: Grundsätzlich werden sicherlich alle gesellschaftsrelevanten Themen in Unternehmen diskutiert. Mit Blick darauf, was dies für den internen Umgang und die Haltung im Unternehmen bedeutet, und mit Blick darauf, ob das Thema in der externen Kommunikation aufgegriffen werden soll. Allerdings müssen Marken nicht auf jeden Zug aufspringen. So wichtig gesellschaftsrelevante Themen wie Diversität und Inklusion sind, so wenig relevant sind diese für den Kauf einer Marke oder eines Produktes. Kundinnen und Kunden erwarten von Marken das Einhalten ihres Markenversprechens und die Erfüllung relevanter Kundennutzen. Ein Produkt wie Granufink wird gekauft, weil es gut für die Prostata ist. Ich bezweifle, dass es der Marke mehr brächte, wenn man die oben genannten Themen kommunizieren würde.

Healthcare Marketing: Wie sieht es mit Unternehmensmarken aus?

Esch: Was für Produktmarken nicht sinnvoll ist, kann womöglich sinnvoll sein für eine Unternehmensmarke. Im Sinne des Brand Activism nehmen Unternehmen dann Stellung zu gesellschaftsrelevanten Themen. Allerdings muss dies zur Marke passen und die Marke stärken. Ein entkoppelter Appell, um auf den Diversitäts- und Inklusionszug aufzuspringen, bringt nichts.

Healthcare Marketing: Inwiefern kann das es denn positiv auf die Markenreputation einzahlen?

Esch: Es zahlt dann auf die Markenreputation ein, wenn es zu den Markenwerten passt. Zudem sollte es nicht nur als Einmalthema aufgegriffen und glaubhaft umgesetzt werden. Die Telekom hat beispielsweise mit der Kampagne gegen 'Hass im Netz' gezeigt, wie dies geht. Ein Unternehmen, das im Markenkern Menschen verbinden möchte, kann dieses Thema aufgreifen und glaubhaft kommunizieren. Die Telekom will digitale Teilhabe, ein respektvolles Miteinander und einen fairen Dialog ermöglichen. Neben der Kommunikation dazu haben im Jahr 2022 mehr als vier Millionen Menschen direkt oder über Multiplikatoren wie Eltern oder Pädagogen von Begleitmaßnahmen der Initiative wie Workshops, Präventionsberatungen oder -schulungen profitiert. Der Marke steigerte dadurch ihr Markenimage im Bereich gesellschaftlicher Verantwortung seit Mitte 2020 bis zum Jahr 2023 signifikant um 41 Prozent. Ein wesentlicher Treiber dafür war das Thema gesellschaftliche Verantwortung, das um knapp 27 Prozent zulegte.


Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch: "Ein entkoppelter Appell, um auf den Diversitäts- und Inklusionszug aufzuspringen, bringt nichts" - Foto: Esch The Brand Consultants

Healthcare Marketing: Welche Herausforderungen können bei der Umsetzung von diversitäts- und inklusionsorientierten Botschaften in der Markenkommunikation auftreten?

Esch: Exemplarisch lässt sich dies gut im Bereich Employer Branding darstellen. Hier versuchen viele Unternehmensmarken, diese Themen aufzugreifen. Im Ergebnis resultiert daraus meist kommunikativer Einheitsbrei mit Werbebildern von Mitarbeitern unterschiedlicher Geschlechter und Hautfarben, was zur Austauschbarkeit führt. Dadurch gerät der Grund, warum man die Corporate Brand als Arbeitgeber wählen sollte, in den Hintergrund. Das hilft nicht bei der Wahl eines Unternehmens durch potenzielle Bewerberinnen und Bewerber. Zentrale Herausforderung ist demnach, diese Botschaften markenspezifisch, wahrnehmbar, eigenständig und kohärent mit der bisherigen Kommunikation zu spielen.

Healthcare Marketing: Wie lässt sich sicherstellen, dass die Botschaften authentisch wahrgenommen werden?

Esch: Die einfache Antwort: Es muss zur Marke passen. Nur dann wird etwas als echt wahrgenommen. Die Transgender-Werbung von Bud Light in den USA hat gezeigt, was passiert, wenn solche Kommunikation nicht als authentisch wahrgenommen wird. Das Unternehmen hat dafür viel Lehrgeld bezahlen müssen. Konservative attackierten Bud Light wegen des gesponserten Werbeposts einer Transgender-Frau, die Bud Light trinkt. Die Absätze sanken. Das Unternehmen knickte ein, beendete die Aktivität und bekam daraufhin Ärger mit der LGBT-Community selbst. Dort wird das Getränk in deren angesagten Bars nicht mehr ausgeschenkt. Der Börsenwert des Unternehmens sank um mehrere Milliarden Dollar und hat sich bis heute nicht davon erholt. Die komplexe Antwort: Authentizität speist sich aus vier Dimensionen: Kontinuität, Glaubwürdigkeit, Integrität und Symbolismus. Mindestens drei sind bei Bud nicht erfüllt.

Healthcare Marketing: Inwiefern können Marken dazu beitragen, gesellschaftliche Veränderungen im Hinblick auf Diversität und Inklusion zu fördern?

Esch: Ich finde, Menschen müssen zu gesellschaftsrelevanten Themen Stellung beziehen. Jeder in seinem persönlichen Umfeld und Wirkkreis. Das bewirkt Veränderung dort, wo es notwendig ist. Sicherlich trifft dies auch dann auf Unternehmen zu, wenn es um Themen geht, die sie substanziell betreffen. Die meisten Unternehmen setzen auf Diversität und sicherlich achten auch viele auf Inklusion. Und das ist gut so. Ob Marken allerdings dazu beitragen, gesellschaftliche Veränderungen zu fördern, weiß ich nicht. Vielmehr sehe ich Marken und deren Kommunikation eher als Radar dafür, Themen aufzugreifen, die ohnehin in der Gesellschaft wabern. Insofern setzen Marken keine Themen, sie folgen ihnen. Dies kann aber einen positiven Verstärkungseffekt bewirken.

 

 

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Anna Jäger 07.03.2024

 


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