Der Blick aus dem Fenster vermittelt Berliner Flair. Das H4B-Büro befindet sich in der Friedrichstraße - Foto: H4B
Workspace Agentur
H4B setzt auf individuelle Förderung und Zugehörigkeit
Fachkräftemangel, Employer Branding und New Work: 'Healthcare Marketing' hat in Agenturen der Healthcare-Branche nachgefragt, welchen Herausforderungen sie sich aktuell als Arbeitgeber stellen. In einer Serie bekommen Sie diese Woche jeden Tag neue Einblicke in den 'Workspace Agentur'.
Die Arbeitswelt hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie stark verändert, remote ist mittlerweile Normalität auch bei Arbeitsplätzen, bei denen es noch vor drei Jahren undenkbar schien. Ein Umdenken beim Thema Flexibilität ist auch in den Agenturen gefordert, die klassischerweise besonders großen Wert auf den persönlichen Austausch in einem kreativen Umfeld legen. Immer stärker macht sich außerdem der allgemeine Fachkräftemangel bemerkbar, der die Wünsche von Mitarbeitenden und Bewerber:innen in den Fokus rückt.
Lesen Sie heute, wie Yvonne Preller, Geschäftsführerin von Health4Brands Berlin, den gestiegenen Kundenansprüchen bezüglich Fachkräften in den Agenturen gerecht werden möchte und welche Rolle ein authentisches Wertesystem für Mitarbeitende spielt. H4B gehört zu dem globalen Agenturnetzwerk Havas Health & You. Preller ist seit Anfang 2021 Teil der Geschäftsführung. Als Managing Director zeichnet sie für die strategische Ausrichtung der Agentur verantwortlich und kümmert sich um den Ausbau des Geschäfts. Seit 2016 war sie als Mitglied der Geschäftsleitung am Aufbau von H4B Berlin beteiligt gewesen.
Healthcare Marketing: Wie hat sich die Agentur als Arbeitsplatz in den vergangenen Jahren entwickelt?
Yvonne Preller: Vor Corona bedeutete das Wort Homeoffice eher die verlängerte Arbeitszeit nach dem Office. Natürlich haben besonders die kreativen Kollegen schon immer außerhalb der Agenturräume Ideen entwickelt. Aber dass auch Account Manager und Buchhalter regelmäßig aus dem Homeoffice arbeiten können, ist schon ein neueres Phänomen. Ein anderes Thema ist der Anstieg von Kundenansprüchen. Sie erwarten mehr Spezialisten und Fachexperten. Was ein besonderes Paradoxon auf einem Markt darstellt, der unter Fachkräftemangel leidet. Ich denke, es liegt vor allem darin, dass es bei unseren Kunden selbst immer weniger seniorige Marketer gibt, so dass die Agenturen mehr dazu beitragen sollen, diese Kompetenzlücken zu schließen. Die heutigen Kunden erwarten interdisziplinäre Leistungen. Alle Services sollten auf hohem Niveau abgeliefert werden und das bedeutet auch, dass der Druck in der Agentur steigt. Die Kunst des Agenturlead ist es, diesen Druck auf genügend starke und kompetente Schultern zu verteilen. Durch den Ruf der Kunden nach Experten und bedingt durch eine überschaubare Anzahl an potenziellen neuen Mitarbeitern, bekommt jedoch jeder einzelne noch mehr Möglichkeiten Talente und Know-how einzubringen und sich den richtigen Platz auszusuchen.
Yvonne Preller ist Managing Director bei Health4Brands - Foto: H4B
Healthcare Marketing: Welchen aktuellen Anforderungen und Herausforderungen sehen Sie sich gegenüber?
Preller: Meiner Meinung nach war es noch nie so schwer gute Leute für die Agenturarbeit zu finden. Wenn man sie dann gefunden hat, muss man sie auch längerfristig binden können. 'Mitarbeiterpflege' bedeutet nicht mehr nur Incentives wie Jobrad, Obstkorb und Prämien. Mitarbeiter müssen individuelle Förderung spüren und sich der Agentur zugehörig fühlen. Dazu ist es für uns Leader von höchster Wichtigkeit, authentisch und transparent zu kommunizieren und das Team in die Agenturprozesse einzubinden. Natürlich sind Angebote wie Freizeitausgleich bei Überstunden und soweit möglich flexible Arbeitszeiten auch notwendige Zutaten zum Erfolgsrezept. Wir müssen heute einfach an vielen Stellen mehr geben, um zu nehmen.
Healthcare Marketing: Wie wichtig ist die Ausstattung des Arbeitsplatzes und was bedeutet das für die Organisation?
Preller: Es beginnt bei einstellbaren Stehtischen und endet nicht bei Noise Cancelling Headsets. Die neue Art des Kunden-Calls ist das Online Meeting mit vielen Teilnehmern. Das bedeutet, dass langes Telefonieren im Großraumbüro selbst mit Headsets auf die Dauer anstrengend wird. Ich muss daher mehr Separees anbieten. Dafür habe ich zum Beispiel Großraumbereiche mit Glaswänden verschlossen. Und es gibt die Möglichkeit, im Homeoffice lange Calls zu absolvieren, für die eine ruhige Umgebung nötig ist. Mir ist es wichtig, dass sich das Team noch häufig live im Büro begegnet und dafür versuche ich die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen.
Healthcare Marketing: Was macht eine erfolgreiche Employer Brand im Agenturumfeld aus?
Preller: Aus meiner Sicht ist die Authentizität der Agentur als Marke heute wichtiger als je zuvor. Die Agentur und damit ich als Lead müssen glaubwürdig und transparent ein Wertesystem vermitteln, das klar und verständlich ist und wofür ich die Rahmenbedingungen bieten muss, dieses leben zu können. Wenn ich zum Beispiel vollkommenes Vertrauen als Wert definiere, darf ich dem Mitarbeiter nicht freitags Homeoffice absprechen, weil ich vielleicht Zweifel habe, ob er bis zum Ende des Tages arbeitet.
Healthcare Marketing: Wie wollen Sie das Thema Recruiting in diesem Jahr angehen?
Preller: Ein Mix aus Headhuntern und eigener Recherche auf Business-Plattformen waren die letzten Jahre ganz zielführend. Dieses Jahr werden auch neue Wege ausprobiert, zum Beispiel direkter Kontakt zu Universitäten und deren Career-Services, um neue kreative Köpfe zu gewinnen. Außerdem plane ich Ausbildungsplätze anzubieten, um eigene Fachkräfte heranzuziehen.
Außerdem in der Serie 'Workspace Agentur' erschienen:
Madita Bürkner 20.02.2023
